
Ich sage das nicht aus nationalem Eifer, sondern allen Verfolgten und Widerstandskämpfern zuliebe. Denn über Jahrzehnte haben die ehemaligen Nazis hierzulande ihre Untaten damit entschuldigt, dass eh alle Österreicher mitgetan hätten. Diese Lüge geriet eine Zeit lang ins Hintertreffen. Nun ist sie wieder da: in und außerhalb der Hofburg. Im April haben etliche Organisationen im Aufruf zu einer Kundgebung gegen Neonazis vom „deutsch-österreichischen Angriffs- und Vernichtungskrieg“ geschrieben. Das ist schon nahe der Geschichtsklitterung, die Karl-Markus Gauß einmal denunziert hat: Nicht Österreich war von Nazideutschland annektiert worden – nein, die Alpenrepublik war über ihren Nachbarn hergefallen und hatte ihn zu den NS-Verbrechen gezwungen.
Der Aufruf mit der irrwitzigen Formulierung ist auch von der Guatemala Solidarität Austria unterzeichnet worden. In Guatemala fielen Hunderttausende einem Genozid zum Opfer, den die meisten Bürger hingenommen haben. Aber kaum jemandem von der Solidaritätsbewegung würde es einfallen, den Völkermord der Bevölkerung als Ganzes oder dem Land als solchem anzulasten. In Österreich hingegen scheinen die Nazis spät, aber doch gesiegt zu haben.